(Deutsch) Philippinen: Umsetzung des Vertrags mit Befreiungsfront MILF stockt. Rücktritt des Präsidenten gefordert

ORIGINAL LANGUAGES, 16 Mar 2015

Rainer Werning – Junge Welt

Frieden gefährde

Proteste vor der US-Botschaft in Manila am Dienstag wegen der gescheiterten Kommandoaktion Ende Januar Foto: EPA/FRANCIS R. MALASIG

Proteste vor der US-Botschaft in Manila am Dienstag wegen der gescheiterten Kommandoaktion Ende Januar Foto: EPA/FRANCIS R. MALASIG

6 Mar 2015 – Auf den Philippinen mehrt sich die Kritik am Regierungsstil von Präsident Benigno S. Aquino III. – sowohl inner- wie auch außerhalb des Kabinetts. Anlass dafür ist eine Ende Januar gescheiterte Kommandoaktion von Eliteeinheiten der Philippinischen Nationalpolizei, bei der an einem Tag nach offiziellen Angaben allein 44 ihrer Mitglieder ums Leben kamen. Infolgedessen steht auch der Friedensvertrag auf dem Spiel, den Manila mit der Moro Islamischen Befreiungsfront (MILF) nach 14jährigen Verhandlungen Ende März 2014 unterzeichnet hatte. Die MILF beansprucht Gebiete im Süden des Landes und kämpft für die Rechte der Moros. Der Vertrag sollte dieser Volksgruppe weitgehende Autonomie ermöglichen und bis zum Ende der Amtszeit des Präsidenten im Sommer 2016 umgesetzt werden. Zuvor allerdings soll eine entscheidende Vorbedingung dafür erfüllt sein, nämlich die Verabschiedung eines entsprechenden Bangsamoro-Grundgesetzes (BBL) durch Kongress und Senat. Dieser Zeitplan ist allerdings gehörig aus den Fugen geraten, so dass der Vertrag womöglich hinfällig wird, bevor über dessen konkrete Umsetzung verhandelt werden kann.

Zahlreiche Kongressabgeordnete und mehrere Senatoren haben bereits erklärt, das Abkommen mit der MILF in der vorliegenden Form nicht länger zu unterstützen und weitere Anhörungen zum BBL auszusetzen. Sie fordern, dass die MILF alles in ihren Kräften Stehende unternimmt, um die genauen Todesumstände der 44 Polizisten zu klären, deren verbliebene Waffen zurückzugeben und die in den Reihen der Organisation vermuteten Täter der Regierung auszuliefern. Dagegen verwahrt sich der Verhandlungsführer der MILF, Mohagher Iqbal, und verweist darauf, dass es eben die Polizei war, die grob gegen die mit der Regierung ausgehandelten Waffenstillstandsbedingungen verstieß. Demnach sollten Truppenbewegungen beider Seiten jeweils rechtzeitig untereinander abgestimmt sein. Im Falle der Kommandoaktion Ende Januar handelte es sich aber um eine von Aquino befehligte und von US-Spezialeinheiten unterstützte Nacht-und-Nebel-Aktion, die unter anderem innerhalb des Operationsgebietes der MILF der Ergreifung zweier international gesuchter Terroristen galt.

Da sich Aquino bislang geweigert hat, auch nur eine Mitschuld am Tod der Elitepolizisten einzugestehen, gehen größere Teile der Gesellschaft zunehmend auf Distanz zur Regierung, vor allem auf der Südinsel Mindanao. Sie machen den Präsidenten verantwortlich für den schweren Rückschlag im Friedensprozess und fordern seinen Rücktritt. Inzwischen sprechen sich selbst Mitglieder des mächtigen, ihn unterstützenden Aquino-Cojuangco-Clans dafür aus und fordern einen Nationalen Übergangsrat.

Gleichzeitig mehren sich die Stimmen, die den Vertrag mit der MILF gänzlich ablehnen, weil er gegen die Verfassung verstoße und der MILF den Status eines »substate«, einer autonomen Gemeinschaft, mit zu weitreichenden Befugnissen einräume. Sollte diese Interpretation im Zweifelsfall vom Obersten Gerichtshof des Landes geteilt werden, wäre das eine fatale Wiederholung jener Ereignisse, die bereits im Sommer 2008 erneut eine Welle von Gewalt und Zerstörung ausgelöst hatten. Am 27. Juli dieses Jahres war unter der Schirmherrschaft Malaysias zwischen Manila und der MILF das »Memorandum über die Vereinbarung des Landes der Ahnen« (MoA-AD) ausgehandelt worden und sollte am darauffolgenden 5. August feierlich im Beisein hoher ausländischer Gäste unterzeichnet werden. Dies verhinderte der Oberste Gerichtshof der Philippinen im letzten Moment mit einer einstweiligen Verfügung. Unverzüglich machten sich Wut und Enttäuschung breit. Die Verhandlungsführer Manilas schlichen sich kleinlaut vom Parkett. Mohagher Iqbal, bereits damals Chefunterhändler und stets um Contenance bemüht, hatte sichtlich Mühe, nicht aus der Haut zu fahren. »Die philippinische Regierung«, so Iqbals damaliger Kommentar, »muss sich schämen, sich vor Vertretern der internationalen Gemeinschaft dermaßen blamiert zu haben.«

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Submitted by TRANSCEND member Benno Fuchs.

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