(Deutsch) Doppelte »Chance« – Westliches Interesse am »Islamischen Staat«

ORIGINAL LANGUAGES, 1 Jun 2015

Rainer Rupp – junge Welt

26. Mai 2015 – Am Pfingstwochenende eroberte die Terrormiliz »Islamischer Staat« (IS) die antike Wüstenstadt Palmyra in Syrien und richtete ersten Berichten zufolge unter den zurückgebliebenen Einwohnern ein Blutbad an. Etwa 400 Menschen, meist Frauen und Kinder, sollen getötet worden sein. Entsetzt kommentierte ein Leser von Zeit online: »Eine brutale Mörder-, Vergewaltiger- und Folterbande ist unterwegs, und keine Macht ist in der Lage, diesen Wahnsinn zu stoppen?« Wären die sogenannten Qualitätsmedien, einschließlich Die Zeit, im Umgang mit der Wahrheit nicht so sparsam, wüsste der empörte Leser längst, dass der IS von den Mächtigen in Washington und den Hauptstädten der europäischen Verbündeten sehr schnell gestoppt werden könnte. Dadurch nämlich, dass die westlichen Regierungen aufhören, die salafistischen Gewaltextremisten insgeheim mit Waffen, Material und Geld zu unterstützen.

Bisher konnte jW die Zusammenarbeit zwischen den USA, ihren europäischen Verbündeten und anderen wie der Türkei und den Golfstaaten mit den IS-Terroristen nur mit Indizien belegen. Aber am Wochenende kam ein streng geheimer Bericht des Pentagon aus dem Jahr 2012 ans Licht, der diese Zusammenarbeit beweist. Der Geheimdienst des US-Verteidigungsministeriums sieht im IS sogar eine »strategische Chance«, um mit seiner Hilfe die US-Ziele in der Region zu erreichen: gewaltsamer Regimewechsel in Syrien und Zurückdrängung der »schiitischen (iranischen) Expansion« im Irak. So wird aus einer angeblichen Verschwörungstheorie wieder einmal die Tatsache einer Verschwörung.

Die im Pentagon-Bericht enthaltenen Enthüllungen stehen im krassen Widerspruch zur offiziellen Syrien-Politik Washingtons und der mit ihm verbündeten westlichen Regierungen. Sie ist angeblich von Sorge um die Demokratie und Menschenrechte bestimmt. Erneut stellt sich das als mörderische Heuchelei heraus, die niemanden, der über das Treiben des IS entsetzt ist, kaltlassen darf. Wer über den IS lamentiert, nicht aber Hintermänner und Unterstützer der Mörder-, Vergewaltiger- und Folterbande in den westlichen Regierungen und Geheimdiensten anklagt, leistet zumindest verbal Beihilfe zu Verbrechen.

Zugleich stellt sich die höchst beunruhigende Frage, was mit der Beschwörung einer »Terrorgefahr« tatsächlich bezweckt wird, wenn der Westen selbst eben jene Terroristen tatkräftig unterstützt, die uns angeblich überall und jederzeit bedrohen. Offensichtlich sehen die USA und ihre Verbündeten im IS nicht nur außenpolitisch, sondern auch im Innern ihrer Länder eine »strategische Chance«. Angesichts des zunehmenden Sozialabbaus und des daraus erwachsenden Potentials für gesellschaftliche Unruhen liefert die Terrorgefahr seit Jahren eine Rechtfertigung für den Ausbau des Polizei- und Überwachungsstaates, für den Abbau von Bürgerrechten und die Militarisierung der Sicherheitsdienste.

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Submitted by TRANSCEND member Benno Fuchs.

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